Thema des Tages
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Rasanter Temperaturanstieg mitten in der Nacht
Die Bewohner der Alpen und des Alpenvorlands erleben oder erleiden
hin und wieder eine meteorologische Besonderheit: den Föhn. Aber auch
in den deutschen Mittelgebirgen oder an Geländestufen lassen sich hin
und wieder Föhneffekte nachweisen. Der Föhn ist ein trockener, warmer
Fallwind, der beim Überströmen von Gebirgen auf der windabgewandten
Seite, also im Lee des Gebirges, auftritt. Theorien zur Entstehung
des Föhns wurden zuletzt im "Thema des Tages" im September 2015
erklärt: www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2015/9/10.html.
Heute soll es um die niedersächsischen Städte Seesen am
nordwestlichen Rand des Harzes und Bad Harzburg am Harznordrand gehen
(siehe Grafik links oben:
http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/11/24.html). Dort
wurden am 12. September 2016 tagsüber Maximaltemperaturen von über 31
Grad gemessen. Am Abend kühlte sich die Luft wie üblich ab, doch um
21:30 Uhr stieg die Temperatur in Seesen von 19,1 Grad auf sagenhafte
27,5 Grad innerhalb von nur 50 Minuten an! Nach etwa vier Stunden
sank die Temperatur dann wieder, zunächst rasant, dann allmählich,
aber stetig und erreichte ausgangs der Nacht einen Tiefstwert von
14,6 Grad. Auch in Bad Harzburg war dieser Effekt zu verzeichnen.
Allerdings fiel der Temperaturanstieg nicht ganz so drastisch aus.
Bedeutender war vielmehr, dass sich die warme Luft dort über Nacht
fast sechs Stunden hielt und erst in der Frühe ein rascher
Temperaturabfall stattfand.
Am Abend des 12. September dieses Jahres war der Himmel klar. Im
Harzumland lag noch die heiße Luft des Tages, die sich bodennah
langsam durch nächtliche Ausstrahlung abkühlte. Dabei gibt der
Erdboden langwellige Strahlung, also Wärme, ab. Am Boden wurde es
immer kühler, während sich in darüber liegenden Atmosphärenschichten
noch warme Luft hielt. Es bildete sich eine Inversion aus. Die
Lufttemperatur ging somit nicht wie üblich mit zunehmender Höhe
zurück, sondern stieg an.
Als Grund für den erneuten vorübergehenden Temperaturanstieg mitten
in der Nacht können Föhneffekte ausgemacht werden, denn ein
Heranführen wärmerer Luft aus umliegenden Orten kann ausgeschlossen
werden. Die Luft kühlte sich am Abend vielerorts zunächst relativ
gleichmäßig ab. Zwischen 20 und 21 Uhr lebte jedoch der Südostwind am
Brocken auf. Dadurch war es möglich, dass die oben erwähnte
Temperaturinversion von höheren Luftschichten nach unten durchbrochen
wurde. Denn der Wind, der vom Brocken hinunter ins Tal wehte, nahm -
bildlich gesprochen - die warme Luft auf seinem Weg mit nach unten.
Auf dem Brocken selbst war es bereits schon kühler als im Tal. Etwa
500 Meter unter dem Gipfel lag jedoch warme Luft von rund 25 Grad,
die mit dem auflebenden Wind ins Tal transportiert wurde. Durch das
Absinken der trockenen Luft erwärmte sich diese noch ein wenig bis
sie in Seesen und Bad Harzburg ankam. Hier sprechen die Meteorologen
von einer trockenadiabatischen Temperaturzunahme. Das heißt, die
absinkende Luft erwärmt sich alle 100 Meter um ca. ein Kelvin. So
wurde nach 21:30 Uhr innerhalb von 30 Minuten eine rasche
Temperaturzunahme von acht Kelvin beobachtet und nochmal 20 Minuten
später war die Temperatur auf 27,5 Grad angestiegen.
Die Grafiken sollen vereinfacht zeigen, wie durch den stärkeren Wind
in der Höhe die Temperaturinversion durchbrochen und die warme Luft
in tiefere Lagen am Harzrand transportiert wurde.
Warum die warme Luft in Seesen und Bad Harzburg nicht bis zum Morgen
liegen blieb bzw. warum in Bad Harzburg deutlich länger warme Luft
registriert wurde, ist zweierlei Effekten zuzuschreiben. Zum einen
wurde die Luft im Laufe der Nacht vermutlich durchmischt und konnte
sich dadurch wieder abkühlen. Zum anderen drehte der Wind nach 2 Uhr
auf südliche Richtungen, so dass nur noch Bad Harzburg mit der
wärmeren Luft aus größeren Höhen versorgt wurde. Dies hielt solange
an, bis der nachlassende Wind weiter drehte und auch Bad Harzburg
nicht mehr im Lee des Brockens lag.
Dipl.-Met. Julia Fruntke
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.11.2016
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Quelle: DWD |
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